Bayerischer Landtagspräsident Alois Glück unterstützt Papilio
Auftakt zur Deutschland-Kampagne zur frühzeitigen Prävention gegen Sucht und Gewalt
München, 7. März 2006. Politiker aller Fraktionen, Kinder, Eltern und ErzieherInnen kamen am 7. März um 11 Uhr in den Bayerischen Landtag, um das Präventionsprogramm Papilio auf eine dreijährige Aufklärungskampagne durch ganz Deutschland zu schicken: „Sucht und Gewalt gefährden die Gesundheit und die Entwicklung von jungen Menschen in unserer Gesellschaft – mit gravierenden Folgen. Dieser Wirklichkeit müssen wir uns stellen“, forderte der Bayerische Landtagspräsident Alois Glück vor rund 150 Zuhörern. Wer Kinder gegen diese Gefahren schützen will, muss früh ansetzen: im Kindergarten. Papilio ist ein wissenschaftlich belegtes Pro-gramm, das Kindergärten eine entscheidende Rolle bei der Prävention zuweist und ErzieherInnen entsprechend qualifiziert.
Publikumsliebling bei der Auftaktveranstaltung waren die Kobolde der Augsburger Puppenkiste: Die Kistenkobolde sind ein Programmelement von Papilio und unterstützen Kinder beim Erlernen von Gefühlen. Das ist ein wichtiger Schritt, um sie gegen die spätere Entwicklung von Sucht und Gewalt zu schützen. Als fröhliche Botschafter dieses ernsthaften Anliegens waren auch Kindergartenkinder aus Aystetten (Landkreis Augsburg) mit im Landtag und bezauberten die Erwachsenenwelt mit ihrem „Mutmachlied“.
Die Folgen von Sucht und Gewalt sind unbestritten durchweg negativ: vom volkswirtschaftlichen Schaden über konkrete Zerstörungen und Verletzungen bis hin zu persönlichem Leid und Krankheit bei den Tätern, den Opfern und dem Umfeld. Um dem vorzubeugen, hat das beta Institut für angewandtes Gesundheitsmanagement Papilio entwickelt.
Entwicklung von Verhaltensstörung verhindern
Papilio ist ein Programm zur Primärprävention, das heißt: Es setzt bei den Kindern an. „Das soll nicht heißen, dass bereits Kindergartenkinder süchtig sind. Aber in diesem Alter lernen die Kinder die entscheidenden Verhaltensweisen, die sie später gegen die Risiken schützen, die zur Entwicklung von Sucht und Gewalt führen“, erklärte Horst Erhardt, Geschäftsführer des beta Instituts. Papilio trägt dazu bei, dass Risikofaktoren erst gar nicht entstehen, die später eine entscheidende Rolle bei der Entwicklung von Sucht und Gewalt spielen.
Der zentrale Risikofaktor für Sucht und Gewalt sind Verhaltensstörungen, das ist wissenschaftlich erwiesen. Verhaltensstörungen manifestieren sich im Alter von etwa acht Jahren. Die beste Chance, positiv auf Kinder einzuwirken, besteht also vorher. Papilio nutzt dafür den Kindergarten, denn damit sind nahezu alle Kinder erreichbar. „Frühzeitige Prävention heißt, Kinder in dem Alter abzuholen, in dem sie entscheidende Dinge fürs Leben lernen: soziales und emotionales Verhalten“, so Erhardt. „Kinder müssen lernen, sich in eine Gruppe einzubringen und dabei Rücksicht auf andere zu nehmen. Sie müssen ihre Gefühle verstehen, damit umgehen lernen und sich in andere einfühlen.“ Diese altersgemäße Entwicklung fördert Papilio ganz gezielt und unterstützt damit den Aufbau von sogenannten Schutzfaktoren. Gleichzeitig enthält Papilio gezielte Maßnahmen gegen erste Verhaltensauffälligkeiten.
Die Veranstaltung am 7. März im Bayerischen Landtag war ein deutliches Signal dafür, dass Politiker quer durch alle Parteien, Fachleute, ErzieherInnen und Eltern hinter Papilio stehen: Alle Beteiligten haben deshalb das Anliegen, Papilio in möglichst vielen Kindergärten zu verbreiten. Eine Aufklärungskampagne mit Unterstützung der Augsburger Puppenkiste quer durch Deutschland soll dieses Anliegen unterstützen.
Auf drei Ebenen. Drei kindorientierte Maßnahmen
Konkret setzt Papilio auf drei Ebenen an: ErzieherInnen, Kinder und Eltern. Die ErzieherInnen werden fortgebildet, damit sie Papilio einführen können und die Kinder mit Hilfe des „entwicklungsfördernden Erziehungsverhaltens“ unterstützen können. Für Kinder gibt es drei konkrete Maßnahmen: den Spielzeug-macht-Ferien-Tag, das Meins-deinsdeins-unser-Spiel und „Paula und die Kistenkobolde“. Die Eltern werden über Elternabende und Informationen einbezogen und können Teile von Papilio auch zuhause umsetzen.
Das komplette Papilio-Programm basiert auf aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen und seine Machbarkeit und Wirksamkeit wurde in einer Studie mit 700 Kindern, über 1200 Eltern und 100 ErzieherInnen im Raum Augsburg bewiesen: Papilio-Kinder reduzieren ihre Verhaltensauffälligkeiten stärker und entwickeln ihre sozial-emotionalen Kompetenzen stärker als andere Gleichaltrige. Der Kindergarten und die Frühpädagogik sind also von zentraler Bedeutung für die Primärprävention. Papilio liefert die konkreten Maßnahmen, dies umzusetzen.
Papilio wurde mit Blick auf Sucht und Gewalt entwickelt, aber es hat viele weitere Dimensionen. Horst Erhardt erklärte: „Gesundheit im Sinne von gesunder sozial-emotionaler Entwicklung hat eine pädagogische Dimension, indem es den Eintritt ins Schulalter erleichtert. Und wenn diese selbstbewussten Kinder zu Erwachsenen heranreifen, sind sie bereit, Verantwortung zu übernehmen – für sich und für andere. Das ist heute ein Mangel, den die Gesellschaft immer stärker spürt und den Papilio beheben möchte.“
Papilio ist ein Projekt des gemeinnützigen beta Instituts, Augsburg. Die Entwicklung und Erprobung im Modellprojekt wurde unterstützt vom Bayerischen Gesundheitsministerium, der betapharm Arzneimittel GmbH und der BMW Group. Die Robert Bosch Stiftung und betapharm fördern seit 2006 die bundesweite Verbreitung von Papilio. Inhaltlich beteiligt sind die Universitäten Bremen, Augsburg und Berlin (Freie Universität) sowie die Augsburger Puppenkiste.